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Beamte


Fast nichts ist schlimmer als Amtspost zum Wochenende. Denn selten, äußerst selten, bedeutet das etwas Gutes. Diesmal waren es glücklicherweise nicht irgendwelche Rechnungen, die wieder einmal durch, weiß Gott was, entstanden sind.
Mein persönliches Chaos in der Aktenabteilung meiner Schreibtischzone darf zwar als Anlass zur Selbstkritik empfunden werden, trägt aber zu keinem Bewusstseinswandel an sich bei und ist schon gar kein Grund, mir die großartige Projektionsfläche entgehen zu lassen, die einem die Ämter ja (berechtigterweise) bieten, um all seinen Frust und, auf wundervolle Art, persönliche Unzulänglichkeiten auf diese abstrakte Größe zu abzuschieben.
So, wie für manchen Gott der ist, der alles, was nicht in Ordnung ist, zu verantworten hat, so bei mir die Ämter. (Allerdings behaupte ich, dass ich bei diesem Vergleich die definitiv höhere Trefferquote habe). Denn Beamte arbeiten nachweisbar unstrukturiert.
Beamte haben keinen Überblick, keiner hat wirklich Ahnung, keiner hat Lust auf den Verwaltungskram, aber alle dürfen vor sich hin machen und unbescholtene Bürger schikanieren. Sie fordern Papiere an, von denen ich nicht mal mehr wusste, dass es sie gibt und nicht weiß, ob es sie noch bei mir gibt. Vor allem sind Beamte immer schon vor Beginn einer Frist dabei, ihre Dinge einzufordern und selten innerhalb einer Frist in der Lage, ihre Leistungen zu erbringen. Und welch eine Freude, von einem der Beamten wiedererkannt zu werden. Schließlich erkenne ich diese Leute doch auch wieder. Würden sie wenigstens einen Hauch von Engagement an den Tag legen, man würde mich kennen und jederzeit erkennen und von Ferne wissen, welches mein Anliegen, was mein Bedürfnis ist und bevor ich mich setzen kann, wären die Papiere fertig. Stelle ich mir das mal so vor, wie viel Zeit, Fahrgeld und Nerven hätte ich schon gespart. Na ja, aber wozu sich aufregen, diese Paragraphengäule sind nun mal nicht in der Lage und viel zu faul, die Akten vernünftig zu ordnen und zu aktualisieren. Wozu auch? Es sind ja nicht ihre Anträge und es liegt in der Natur des Menschen, fremdes Elend nicht zu seinem eigenen zu machen. Das Leben ist kurz und da möchte man schließlich seine Ruhe haben. Und schließlich hat das Leben schon genug ernsthafte Seiten. Ihre Ernsthaftigkeit bezieht sich eben fast ausschließlich darauf, den Kaffee im Filter richtig zu dosieren und die Arbeitszeit mit den Pausenzeiten zu verwechseln.
Apropos Kaffee. Wird Zeit, mir einen zu machen. Da heute noch eine sehr ernstzunehmende Skatrunde ansteht, sollte ich mich langsam darauf einstellen, Kaffee trinken, eine Stunde ausruhen und mir innerlich meine Strategien für Null- Hand und Grand ohne Vieren vor Augen führen. Zum Glück war die Post nur ein wieder mal unnötiger Termin und mein Geld wird vorerst nicht angetastet. Und überhaupt, wenn diese faulen Amtsschimmel schon ihre Arbeit nicht vernünftig erledigen ....mein Schreibtisch müsste irgendwann mal von jemandem aufgeräumt werden.

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